WENN INFORMATIONEN KOSTBAR SIND:
Acht Männer - ein Flugzeug und eine Idee
„Ziviler Luftnotdienst” in Lüneburg lief an − Ohne graue Theorie geht es auch hier nicht
Lüneburg. „Wir haben, um ein Beispiel zu nennen, im Jahre 1959 im Heidebezirk
nicht weniger als 600 Waldbrände bekämpfen müssen. Ein Alarm jagte den anderen.
Der Schaden beträgt viele Millionen. Wenn es uns gelingt, künftig nur einige wenige
dieser Brandkatastrophen durch rechtzeitige und wirksame Bekämpfung gering zu halten,
dann hat sich unsere ganze Mühe schon vollauf gelohnt.” Das sagte Landrat Hermann
H a h n in seiner Eigenschaft als Bezirksbrandmeister. Seine Worte richteten sich
an eine ungewöhnliche Gruppe von Männern: Vier Feuerwehrunterführer, zwei Führer
des Technischen Hilfswerks und zwei Polizeibeamte hatten begonnen, sich im ersten
Lehrgang des „Zivilen Luftnotdienstes” zu Beobachtern ausbilden zu lassen. Sie werden
an Bord eines Flugzeuges zur Stelle sein, wenn — wie so oft — genaue Informationen
über Ort und Ausmaß eines Waldbrandes oder eines Ueberschwemmungsunglücks
kostbar sind.
Der Weg von der ersten Idee einer Zusammenarbeit
zwischen den Lüneburger Sportfliegern
und den verschiedenen Hilfsverbänden
bis zu dieser Geburtsstunde des „Zivilen
Luftnotdienstes” ist lang gewesen. Es dauerte
fast zwei Jahre, bis man nun mit vereinten
Kräften an den Start gehen kann. An den Start zum Flug über ein Neuland. Die Grundgedanken
des „Zivilen Luftnotdienstes” wurden
von Stadtdirektor S e g e l c k e und einem
Sprecher des Luftsportvereins Lüneburg noch
einmal dargelegt:
Die Lüneburger Heide mit ihren weiten,
wenig bevölkerten Landstrichen wird alljährvon "Waldbränden und Ueberschwemmungen
heimgesucht. Die Bekämpfung solcher Naturkatastrophen
erfordert enges Zusammenwirken
höchst unterschiedlicher Verbände. Hier
geben die Lüneburger Sportflieger nun der
Einsatzleitung am Boden eine bedeutende
Hilfe. Mit geschulten Luftbeobachtern von
Feuerwehr, THW oder Polizei an Bord, ausgerüstet
mit geeigneten Funkgeräten und geflogen
von „alten Hasen” mit jahrelanger
Flugpraxis, wird das dem Luftsportverein
Lüneburg gehörende dreisitzige Sportflugzeug
D-EBAW im Notfall zu einem Aufklärungsflugzeug.
Als „Auge der Führung” leistet es
der Einsatzleitung am Boden Hilfsdienste.
Darüber hinaus ist daran gedacht, an besonders
brandgefährlichen Wochenenden, wenn
alle Wälder fast überfüllt sind von Ausflüglern,
auch zusätzlich zu dem Dienst der Feuerwachtürme
eine vorsorgliche Ueberwachung
der Wälder vom Flugzeug aus vorzunehmen.
Nun ist es nicht damit getan, einen Mann,
der vielleicht noch nie geflogen hat, ins Flugzeug
zu setzen und ihm zu sagen: Schau mal
nach, was los ist in der Göhrde. Zuvor müssen
die fliegenden „Mädchen für alles” noch eine
Menge lernen. Einerlei, ob es sich um Funkmeldewesen
oder Navigation, um Sicherheitsbestimmungen
oder um das Auswendiglernen
markanter Orientierungspunkte handelt.
Lehrgangsleiter Heinrich S c h m i d t , einem
alten Fluglehrer, sah man ebenso die Freude
an der interessanten Aufgabe an wie den
ehrenamtlichen Lehrkräften, die der Luftsportverein
stellt. Schließlich steht fest von
Anfang an neben der unvermeidlichen Theorie
bereits die Praxis. Sie beginnt in den nächsten
Tagen und Wochen zunächst mit je einem
halbstündigen Einweisungsflug, bei dem die
künftigen Beobachter die Heimat, die sie
schützen helfen wollen, zunächst einmal aus
der Vogelperspektive kennenlernen werden.
Stadtdirektor Segelcke, der zugleich im Namen
des noch verreisten Kreisbrandmeisters
Heinrich T h i e d e sprach, aber auch Kreisbrandmeister
Hermann Meyer-Oerzen hoben
das besondere Interesse hervor, daß die
freiwilligen Feuerwehren den Lüneburger
Versuchen beimessen. Sie sagten, daß auch die
ideelle Seite dieses freiwilligen Zusammenwirkens im Dienst für die Allgemeinheit volle
Anerkennung und Unterstützung verdiene. Sie
äußerten die Ueberzeugung, daß dieser Umgang
mit einer Vielzahl moderner technischer
Mittel auch bei der Jugend Anklang finden
werde.
Was auch im Bereich der Sportfliegerei mit modernen technischen Hilfsmitteln möglich
geworden ist, zeigte sich in aller Stille während des Gewitters am Donnerstagabend.
Hubertus R i t t e r , sozusagen der „Chefpilot” des „Zivilen Luftnotdienstes” rief, als
sich bei einem Flug: von Bremerhaven nach Lüneburg das Wetter verschlechterte, über
sein Sprechfunkgerät das Radar des Flughafens Hamburt-Fuhlsbüttel zur Hilfe. D-EBAW
wurde an unsichtbaren Radarfäden sicher bis zur Landung auf dem Heimatplatz
Lüneburg geleitet.
-mc-
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