Landeszeitung 11.05.1963

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Ausgabe: LZ  Datum: 11.05.1963

WENN INFORMATIONEN KOSTBAR SIND:

Acht Männer - ein Flugzeug und eine Idee

„Ziviler Luftnotdienst” in Lüneburg lief an − Ohne graue Theorie geht es auch hier nicht

Lüneburg. „Wir haben, um ein Beispiel zu nennen, im Jahre 1959 im Heidebezirk nicht weniger als 600 Waldbrände bekämpfen müssen. Ein Alarm jagte den anderen. Der Schaden beträgt viele Millionen. Wenn es uns gelingt, künftig nur einige wenige dieser Brandkatastrophen durch rechtzeitige und wirksame Bekämpfung gering zu halten, dann hat sich unsere ganze Mühe schon vollauf gelohnt.” Das sagte Landrat Hermann H a h n in seiner Eigenschaft als Bezirksbrandmeister. Seine Worte richteten sich an eine ungewöhnliche Gruppe von Männern: Vier Feuerwehrunterführer, zwei Führer des Technischen Hilfswerks und zwei Polizeibeamte hatten begonnen, sich im ersten Lehrgang des „Zivilen Luftnotdienstes” zu Beobachtern ausbilden zu lassen. Sie werden an Bord eines Flugzeuges zur Stelle sein, wenn — wie so oft — genaue Informationen über Ort und Ausmaß eines Waldbrandes oder eines Ueberschwemmungsunglücks kostbar sind.

Der Weg von der ersten Idee einer Zusammenarbeit zwischen den Lüneburger Sportfliegern und den verschiedenen Hilfsverbänden bis zu dieser Geburtsstunde des „Zivilen Luftnotdienstes” ist lang gewesen. Es dauerte fast zwei Jahre, bis man nun mit vereinten Kräften an den Start gehen kann. An den Start zum Flug über ein Neuland. Die Grundgedanken des „Zivilen Luftnotdienstes” wurden von Stadtdirektor S e g e l c k e und einem Sprecher des Luftsportvereins Lüneburg noch einmal dargelegt:

Die Lüneburger Heide mit ihren weiten, wenig bevölkerten Landstrichen wird alljährvon "Waldbränden und Ueberschwemmungen heimgesucht. Die Bekämpfung solcher Naturkatastrophen erfordert enges Zusammenwirken höchst unterschiedlicher Verbände. Hier geben die Lüneburger Sportflieger nun der Einsatzleitung am Boden eine bedeutende Hilfe. Mit geschulten Luftbeobachtern von Feuerwehr, THW oder Polizei an Bord, ausgerüstet mit geeigneten Funkgeräten und geflogen von „alten Hasen” mit jahrelanger Flugpraxis, wird das dem Luftsportverein Lüneburg gehörende dreisitzige Sportflugzeug D-EBAW im Notfall zu einem Aufklärungsflugzeug. Als „Auge der Führung” leistet es der Einsatzleitung am Boden Hilfsdienste.

Darüber hinaus ist daran gedacht, an besonders brandgefährlichen Wochenenden, wenn alle Wälder fast überfüllt sind von Ausflüglern, auch zusätzlich zu dem Dienst der Feuerwachtürme eine vorsorgliche Ueberwachung der Wälder vom Flugzeug aus vorzunehmen.

Nun ist es nicht damit getan, einen Mann, der vielleicht noch nie geflogen hat, ins Flugzeug zu setzen und ihm zu sagen: Schau mal nach, was los ist in der Göhrde. Zuvor müssen die fliegenden „Mädchen für alles” noch eine Menge lernen. Einerlei, ob es sich um Funkmeldewesen oder Navigation, um Sicherheitsbestimmungen oder um das Auswendiglernen markanter Orientierungspunkte handelt.

Lehrgangsleiter Heinrich S c h m i d t , einem alten Fluglehrer, sah man ebenso die Freude an der interessanten Aufgabe an wie den ehrenamtlichen Lehrkräften, die der Luftsportverein stellt. Schließlich steht fest von Anfang an neben der unvermeidlichen Theorie bereits die Praxis. Sie beginnt in den nächsten Tagen und Wochen zunächst mit je einem halbstündigen Einweisungsflug, bei dem die künftigen Beobachter die Heimat, die sie schützen helfen wollen, zunächst einmal aus der Vogelperspektive kennenlernen werden.

Stadtdirektor Segelcke, der zugleich im Namen des noch verreisten Kreisbrandmeisters Heinrich T h i e d e sprach, aber auch Kreisbrandmeister Hermann Meyer-Oerzen hoben das besondere Interesse hervor, daß die freiwilligen Feuerwehren den Lüneburger Versuchen beimessen. Sie sagten, daß auch die ideelle Seite dieses freiwilligen Zusammenwirkens im Dienst für die Allgemeinheit volle Anerkennung und Unterstützung verdiene. Sie äußerten die Ueberzeugung, daß dieser Umgang mit einer Vielzahl moderner technischer Mittel auch bei der Jugend Anklang finden werde.

Was auch im Bereich der Sportfliegerei mit modernen technischen Hilfsmitteln möglich geworden ist, zeigte sich in aller Stille während des Gewitters am Donnerstagabend.

Hubertus R i t t e r , sozusagen der „Chefpilot” des „Zivilen Luftnotdienstes” rief, als sich bei einem Flug: von Bremerhaven nach Lüneburg das Wetter verschlechterte, über sein Sprechfunkgerät das Radar des Flughafens Hamburt-Fuhlsbüttel zur Hilfe. D-EBAW wurde an unsichtbaren Radarfäden sicher bis zur Landung auf dem Heimatplatz Lüneburg geleitet.

-mc-

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