Bericht der Celleschen Zeitung vom 22.07.2006

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An Bord des Flugdienstes der Feuerwehr

CELLE(nih). Seit einigen Tagen sind sie wieder im Einsatz: Die Männer des Feuerwehrflugdienstes überwachen die Wälder, auch die des Landkreises Celle. Zu dritt überfliegen sie an Bord einer Cessna 182 ein großes Waldgebiet, um Brände frühzeitig festzustellen und an die zuständigen Einsatzstellen der Feuerwehr zu melden. Die seit Wochen andauernde Hitze lässt das Risiko eines Waldbrandes auch für den Landkreis Celle ständig steigen. Die Feuerwehren hoffen mit dem Flugdienst einen Brand zu vermeiden. (Seite 20)

Seite 20             Reportage

In 1000 Fuß dem Feuer auf der Spur

Die Gefahrenstufe für Waldbrände ist durch die Hitze seit Tagen hoch. Deshalb kreist die Feuerwehr über die Wälder von Niedersachsen, um ein Feuer möglichst früh bekämpfen zu können. Mit einer kleinen Cessna 182 kontrollieren zwei Feuerwehrleute und ein Beamter des Niedersächsischen Forstamtes die Lage auch über dem Landkreis Celle. Sie schauen sich jede verdächtige Staubwolke aus der Nähe an, um einen großen Waldbrand zu vermeiden.
Von Nils Hartung

Um Waldbränden (kleines Foto) vorzubeugen, kreist die Cessna über die Wälder des Landkreises.
Fotos: Hartung
 
CELLE. Eine dünne Rauchsäule kräuselt sich am Horizont in den strahlend blauen Himmel hinauf. Brennt dort der Wald oder ist es bloß ein Bauer, der mit seinem Mähdrescher unterwegs ist? Die drei Männer an Bord der Cessna 182 schauen konzentriert in Richtung des Rauches. "Da kokelt etwas", stellt der Pilot fest. Seine zwei Begleiter stimmen über die Mikrofone an den Kopfhörern zu. Sofort bringt der Pilot die kleine Maschine auf Kurs. Doch nach zwei Minuten gibt er Entwarnung: "Das ist nur Staub, der hat keine schwarze Färbung", meint der Pilot. "Außerdem ist das eine viel zu breite Front für einen Brand", schallt es von der Rückbank. Also nur ein Mähdrescher, der seine Runden auf dem Feld dreht. Das bedeutet Fehlalarm. Doch die schweren Landmaschinen .sind auch als Auslöser von Bränden gefürchtet. Wenn Mähdrescher heißlaufen, ist es oft nicht mehr weit bis zu einem Brand.
Die drei Männer an Bord des Fliegers heißen Adelbert Hause, Rolf Feldmann und Andreas Engelhardt. Sie qehören zur Besatzung des Feuerwehrflugdienstes. Bei erhöhter Waldbrandgefahr für ihren Einsatzbereich, zu dem auch der Landkreis Celle gehört, beobachten sie die riesigen niedersächsischen Waldgebiete aus der Luft.

Rolf Feldmann, Adelbert Hause und Andreas Engelhardt (von links) beim Auftanken der Maschine.

Ein Waldbrand oder nur ein Fehlalarm?
Wenn der Wald tatsächlich brennt, informieren sie die Ortsfeuerwehren, um eine weitere Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Hause ist der Pilot des Flugzeuges, Feldmann ist als zusätzlicher Feuerwehrmann mit an Bord. Er stellt im Brandfall über Funk Kontakt zu den jeweils zuständigen Feuerwehrleitstellen her. Engelhardt ist Beamter beim Niedersächsischen Forstamt Liebenburg. Er hat einen Laptop auf seinen Knien liegen, der mit einem speziellen Kartenprogramm ausgerüstet ist. So hat er ständig genau im Blick, wo Gefahr für den Wald bestehen könnte. Gestartet ist Flugkapitän Hause vom Flughafen Peine- Eddesse um Punkt 12 Uhr. Gegen 12.30 Uhr befindet sich das Feuerwehrflugzeug über dem Landkreis Celle. Eschede zeichnet sich wie ein Spielzeugdorf am Boden ab. Alles wirkt ruhig, es sind keinerlei Anzeichen für einen Brand in den Wäldern des Ostkreises zu erkennen. Trotzdem liegt eine ständige Anspannung in der Luft: Jede Minute kann sich die Situation schlagartig ändern. Der Flug ist unruhig, die Insassen werden in der viersitzigen Kabine oft durchgeschüttelt. Dafür ist die Sicht heute ausgesprochen gut, sind sich alle einig. Die Drei verfügen über viel Routine bei den Flügen: Hause zum Beispiel ist in seiner letzten Saison, er ist seit 1987 dabei. Er feiert in fünf Tagen seinen 62. Geburtstag, dann ist endgültig Schluss mit der Fliegerei für die Feuerwehr.
Aber auch die beiden anderen sind alles andere als "Greenhorns" über den Wolken: Feldmann und Engelhardt sind schon viele gemeinsame Einsätze mit Hause geflogen. "Besonders seine Steilkurven sind berühmt-berüchtigt", erklärt Feldmann lachend. Auch über Medienerfahrung verfügen die drei schon: Neulich war ein Reporter eines Fernsehsenders mit an Bord. Während des Fluges entdeckten die Männer plötzlich einen Moorbrand. Das Gelände war unwegsam, so dass die örtlichen Feuerwehrleute den Brand schlecht finden konnten. Deshalb musste Hause mit seiner Cessna von 1971 fast eineinhalb Stunden über dem Feuer kreiseln.

Berühmt-berüchtigte Steilkurven in der Luft
"Der Reporter hat uns hinterher gestanden, dass jeder seiner Kollegen sich wahrscheinlich hätte übergeben müssen. Er hatte zum Glück schon reichlich Flugerfahrung, auch mit kleinen Maschinen", erinnert sich Engelhardt. Das ständige Sirren aus den Kopfhörern wird nur durch Funksprüche von verschiedenen Towern unterbrochen. Mehrere Gewitterwarnungen machen die Runde. Zum Glück nicht für die Flugroute von D-ECJG von Hause, Feldmann und Engelhardt. Das Trio wirkt trotz der Ernsthaftigkeit ihres Auftrages aufmerksam, aber dennoch locker. Zwischendurch ist sogar Zeit für ein paar Flugeinlagen. Als das Flugzeug Sehnde erreicht, guckt Kfz-Meister Hause aus der Luft erst einmal genauer nach, ob in seiner Autowerkstatt auch fleißig gearbeitet wird: Zwei Runden fliegt er über die Werkstatt, es ist kein Mensch zu sehen. "Wahrscheinlich ist gerade Mittagspause", meint der Pilot. Die Flughöhe der Cessna beträgt etwa 1000 Fuß, dass sind ungefähr 330 Meter. Mit einer Geschwindigkeit von 120 Knoten, umgerechnet knapp 200 Kilometer pro Stunde ist sie unterwegs. Die Bezeichnung D-ECJG lässt erkennen, was für ein Flugzeugtyp in der Luft ist: Eine Maschine aus Deutschland, die höchstens 2000 Kilogramm wiegt. Aus der Luft kann man genau erkennen, wo der Wald schon mal in Flammen stand. Wie in Südwietze, dort hat es vor zwei Jahren gebrannt. Die Fläche sticht heute noch wie eine Narbe aus dem übrigen Waldgebiet heraus. Die Blicke der Männer schweifen weiter unermüdlich von links nach rechts und wieder zurück. Der private Kontakt der Besatzung ist eher gering - sie wohnen zu weit auseinander. "Doch bei runden Geburtstagen besuchen wir uns schon gegenseitig", sagt Feldmann. Die vielen Flüge in der winzigen Kabine schweißen wahrscheinlich doch zusammen. Die Aufgabe ist ehrenamtlich, lediglich eine Aufwandsentschädigung bekommen die Männer. Es ist unerträglich heiß in der Maschine, alle drei haben Schweißtropfen auf der Stirn. Engelhardt klebt das Hemd buchstäblich am Körper, die Temperaturen unter den orangefarbenen Overalls der beiden Feuerwehrmänner möchte man sich nicht einmal vorstellen. Kurz vor Beginn des Fluges in Eddesse hat Engelhardt festgestellt, dass durch die Hitze eines seiner Laptop-Kabel durchgeschmort ist. Doch kein Problem für Hause und Feldmann: Mit handelsüblichem Isolierband kriegen sie den Computer wieder zum Laufen. Zum Lüften sind nur zwei kleine Gebläse in der alten Maschine. Die Wirkung verpufft beinahe komplett. Nach einiger Zeit wieder ein Aufreger am Horizont: Bei Unterlüß steht offensichtlich ein größeres Waldgebiet in Flammen. Doch die Männer zögern. Erst wird Kontakt zur Leitstelle aufgenommen. Und richtig: Das Feuer ist auf dem Schießgebiet bei Munster ausgebrochen.

Feuer bei Munster auf dem Truppenübungsplatz
"Das passiert dort häufig, doch wir haben keine Befugnis, dort hinzufliegen. Das löscht die Feuerwehr der Bundeswehr selbst", erläutert Hause. Es sieht allerdings nicht so aus, als wenn dort schon Löschmannschaften vor Ort sind. Manchmal lässt die Bundeswehr die Brände wohl auch "kontrolliert herunterbrennen". Um 14.30 Uhr, nach zwei ausgedehnten Runden über ihr Einsatzgebiet, ist jetzt Zeit für eine kurze Mittagspause. Die Cessna landet auf dem Flugplatz von Hodenhagen. Pilot Hause bringt die Maschine routiniert zum Stehen, obwohl die Landebahn in Hodenhagen eine Graspiste ist. Ihm ist der bisherige Flug offensichtlich nicht auf den Magen geschlagen. Er bestellt eine große Portion Matjes mit Kartoffeln und Salatbeilage. Seine "Crew" labt sich an alkoholfreiem Bier und Spezi. Zum Zeitvertreib werden Fliegergeschichten erzählt. Sie handeln von waghalsigen Flugmanövern oder Fallschirmspringern, deren Schirm sich nicht geöffnet hat. Nach etwa einer Stunde klettern die Drei wieder in ihr Flugzeug, um den Einsatz fortzusetzen.
Plötzlich hat Hause etwas entdeckt: "Da hinten könnte was passiert sein. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, da fliegen wir vorsichtshalber mal hin", meint er. Doch auch diesmal ist es falscher Alarm: Wieder nur ein Mähdrescher, der so viel Staub aufwirbelt, dass man von weitem nicht erkennen kann, ob dort der Wald in Flammen steht. Langsam muss sich die Cessna auf den Heimflug nach Eddesse machen. Der Sprit neigt sich dem Ende entgegen. "Pro Flugstunde verbraucht die Maschine etwa 50 Liter Benzin", erzählt Hause. Auch an Bord ist es merklich ruhiger geworden. Die bleierne Hitze in der Maschine lähmt nach fast vier Stunden in der Luft auch die Besatzung. Trotzdem halten die drei Männer weiter aufmerksam Ausschau nach etwaigen Bränden. Gestern wurden die Ortsfeuerwehren Großmoor, Adelheidsdorf und Westercelle gegen 11.30 Uhr zu einem Flächenbrand alarmiert. Durch das schnelle Eingreifen von 45 Einsatzkräften konnte das Feuer schnell gelöscht werden.

Vor dem Start: Die Cessna 182 auf dem Flugplatz Eddesse.

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